~Andere Zeit andere Tiere ~ Japan, in Ueno mal ganz anders~

Dienstag, der 3. März

.Oo°~°o ~tschilp~ O.。o. .Oo°~pieps~°oO.。o. .Oo°~°oO.。o.PLOPP!

CUT!!!!!

Aus mit dem Frühlingstraum – nix mit schönem Wetter! Den Wetterberichten zufolge geht es wohl nochmal eine ganze Weile rückwärts was unser Wetter hier in Tōkyō betrifft. Mindestens eine Woche kein Sonnenschein und Schnee – und wenn kein Schnee, dann Regen - und wenn kein Regen, dann Niesel – und wenn kein Niesel, dann bleibt hier immer noch die kalte Zugluft übrig…ob vom Meer oder von der U-Bahn, wenn man mal wieder am Gleis herum steht…

Mein Regenschirm wird mir ein Treuer Begleiter sein – der hippe Schirm ist wohl zu sehr über sich hinausgewachsen und hat sich einfach verflüchtigt… zum Glück ist da noch mein weniger hipper aber dafür auch weniger eingebildeter Schirm, der mir trotz meines Seitensprunges an diesen Tagen wahre Treue erwiesen hat. 

Heute ging es nach Oberfeld…

Scherz! Ich werde jetzt nicht anfangen die Namen der Stadtteile von Tōkyō zu übersetzen! Obwohl es erstaunlich ist, dass man anhand der ganzen Namen erkennt, dass es gar nicht so lange Herr ist, als die Gegend hier noch nicht so eng, mit Gebäuden vollgestopft und ihr Boden noch nicht nahezu vollständig, mit Ausnahme einiger Gelbflächen (Shu: „Das ist kein Rasen, das ist Heu!“) mit Beton versiegelt war. Auch die häufigen Personennamen verraten viel über ihre ursprüngliche Herkunft, von der Zeit, bevor die Japaner begannen in die Städte abzuwandern und die industriellen Ballungszentren an der Küste ins Leben riefen: Nakamura - Mitteldorf, Ishida – Steinfeld, Yamada - Bergfeld, Tanaka - Feldmitte, Ogawa - kleiner Fluss, u.vm…

Zurück zum Thema: Ueno. (上野 - besteht aus den Zeichen für "oben" und "Feld") Das ist ein Viertel, welches mit der Yamanote-sen, der sogenannten Ringbahn von Tōkyō, zu erreichen ist und von unserer Unterkunft und unserem Anfahrtsbahnhof in Shibuya gesehen genau auf der gegenüberliegenden Seite des Tokyoter Zentrums liegt. Was es da zu sehen gibt? Für uns ein Markt inkl. Fischmarkt, einen Teil vom Ueno-Park, das Shitamachi-Museum und das National Museum Tōkyō.

Die Leute auf den Märkten sind wirklich sehr gesellige Menschen. Natürlich wollen sie ihre Waren verkaufen...aber ulkig grinsen tun sie trotzdem, wenn da so ein Trupp Ausländer vorbeiirrt. Vor allem wenn Shu einen für Japaner alltäglichen Anblick mit "IIIIIIIIIIIIEH!" kommentiert. Riesige Oktopustentakeln sind halt nicht Jedermans Sache...oO''

Wo wir grad dabei sind - das Essen sollte ich auch noch fix nennen – eine absolut reichliche Mahlzeit bestehend aus einer Schüssel Udon in Suppe und einer Schüssel paniertem Hühnchenfleisch mit Curry auf Reis für unschlagbare 590 Yen! Ich habe lange nicht mehr so gewissensfrei gegessen. Es handelte sich um eine Art „Restaurant“-Kette (Namen vergessen...), man muss die gesegneten Örtchen nur finden, dann spart man eine Stange Geld und fühlt sich gleich zehntausend Mal besser. Und Japanisch muss man dort auch nicht wirklich sprechen können. Am Automaten schaut man sich die Preise und die Bildchen an und kauft sich eine Essensmarke, die man dem Koch drinnen in die Hand drückt. Anschließend kriegt man das Essen gebracht – funktioniert auch ohne Worte. Es war übrigens nicht nur mein gutes Gewissen, was das Essen so gut schmecken ließ – es hat einfach gut geschmeckt!

Soviel zum Essen. Unser Verdauungsspaziergang beschränkte sich auf den Außenbereich des Ueno-Parks. Dabei entdeckten wir einen kleinen wunderschönen Schrein. Wir genossen die anfängliche Trockenheit des Tages und freuten uns über die Pflaumenblüten. 

Zurück im Park stolperten förmlich über die dort vorkommende Tierwelt. Überall saßen Katzen zusammengekugelt in der Gegend herum, denen es selbst egal war, wenn sie von einem Erik Löcher in das Fell hinein gepieckst bekamen. In jener Gegend sah ich neben herumirrenden Tauben die erste waschechte japanische Möwe – keine doofen fruchteinflößenden Greifvögel, die den Himmel übersähen. Sie war weiß, rund und puschelig, saß allein auf einem Geländer und guckte bedrobst in der Gegend herum.

Vielleicht veranstalten Möwen und Falken so ne Art „Heimtausch“ – Möwen tauschen ihr Leben am von ihnen und ihren Kumpanen überbevölkerten Meer gegen ein einsameres Leben an einem Tümpel in Ueno aus. Ist auch mal eine Art Urlaub – das sollte man einführen, dann würden lediglich die Flugkosten anfallen.

Im nahe gelegenen Shitamachi-Museum erfuhren wir leider nicht, ob es hier früher auch Möwen gegeben hatte. Aber Menschen hat es natürlich gegeben und diese haben noch lange Zeit bis ins 20 Jahrhundert hinein recht einfach gelebt. Wieder einmal handelte es sich um ein Museum, welches nicht nur Artefakte sondern auch ganze Häuser zur Schau stellte. Die Häuser schienen diesmal aber nicht in das Museum hinein, sondern das Museum drum herum gebaut worden zu sein. Die Menschen in Shitamachi lebten früher in sehr kleinen Häuserchen. Da es um die 6 aneinander gepresste Mini-Hüttchen zu sehen gab, war das Museum auch sehr klein – der Eintritt betrug dementsprechend nur 300 Yen. Und trotzdem konnte ich diesem Museum erstaunlicherweise mehr abgewinnen als dem Nationalmuseum…auch wenn mich dort wiederum die vielen alten u.a. buddhistischen Skulpturen beeindruckt haben, so haben mir die Alltags- und Gebrauchsgegenstände und die original nachgestellten Behausungen viel mehr gesagt als irgendwelche wertvollen Gegenstände von irgendwelchen Persönlichkeiten oder Vertretern irgendeines Handwerks (was natürlich nicht alles kannte). Man durfte die Räume auch betreten, natürlich nur nachdem man die Schuhe ausgezogen hat. Im Prinzip ist das gesamte Shitamachi-Museum zum Anfassen gedacht: angefangen von den original möbelierten Räumen, natürlich mit Fußböden aus Tatamimatten, über „Badewannen“ (nach Gulaschtopf Prinzip: unter einem großen Kessel als Behältnis das Wasser und den zu dünstenden Japaner wird ein Feuer gelegt. Damit sich der Japaner nicht die Füße verbrennt, steht er im Kessel auf einer Art Holzrost) bis hin zu einfachem aber pädagogisch wertvollem Kinderspielzeug.

Auch das Nationalmuseum hatte etwas zu bieten, was Beschäftigungstherapien angeht, als Ausklang für den Tag: Papierkimonos zum selber mit Mustern bestempeln. Ein konzentriertes Schweigen breitete sich am Rundtisch aus, an dem sich alle ihren verschiedenfarbigen Stempelchen widmeten. Hab mich ein bisschen in den Kindergarten zurückversetzt gefühlt. ^^